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1958 - 1992

Mit Arthur Bopp erhielt der Musikverein HARMONIE Schlieren einen dynamischen, zielstrebigen und vor allem betreffend Musikalität hervorragenden Leiter. Wie bei Führungswechseln üblich, ging auch dieser nicht ohne Reibereien vonstatten, die Folge waren einige Austritte. Die wurden jedoch wiederum durch Neumitglieder wettgemacht, welche Arthur Bopp von seinem vorgängigen Verein, der Postmusik Zürich mitgebracht hatte.

Mit Arthur Bopp erhielt der Musikverein HARMONIE Schlieren einen dynamischen, zielstrebigen und vor allem betreffend Musikalität hervorragenden Leiter.

Wie bei Führungswechseln üblich, ging auch dieser nicht ohne Reibereien vonstatten, die Folge waren einige Austritte. Die wurden jedoch wiederum durch Neumitglieder wettgemacht, welche Arthur Bopp von seinem vorgängigen Verein, der Postmusik Zürich mitgebracht hatte.

Das Geschehen der nächsten zehn Jahre muss ich infolge Fehlens der Akten direkt aus der Chronik von Romeo Tomio entnehmen:

    1961   

Mitwirkung am Oktoberfest in München.

1963

Reise nach Rigi Kaltbad auf Einladung von Jakob Lemp senior.

1963

Übernahme der Kantonalen Delegiertenversammlung.

1963

Reise nach Löhningen in Deutschland.

1965

Besuch des Kantonalen Musikfestes in Dietikon.

1966

Besuch des Eidgenössischen Musikfestes in Aarau: Höchstauszeichnung 1. Klasse.

1968

Neuinstrumentierung.

1969

Besuch des Kantonalen Musikfestes in Dietikon.

Von diesen Anlässen verdient vor allem die Rigireise besondere Erwähnung. Das Fest, welches am Abend des 31. August 1963 im Gasthof Rigi-Kaltbad stattfand, dürfte allen Beteiligten in unvergesslicher Erinnerung bleiben. Da die Herren Harmonisten für einmal wieder ohne ihre Partnerinnen unterwegs waren, kosteten sie dies auch in vollen Zügen aus.

Bei der obigen Aufstellung fehlen meines Erachtens zwei für die HARMONIE sehr wichtige Ereignisse:

Das erste ist der Beitritt von Heinrich Steffen und Marcel Küng im Jahre 1960. Mit ihnen erhielt der MHS seine ersten Tambouren. Beide waren sie ursprünglich Mitglieder des Turnvereins Schlieren und trommelten nur so nebenbei an Turnfesten und an entsprechenden Umzügen. Dank der Initiative des späteren Präsidenten Max Hauser traten sie in die HARMONIE ein, und seither ist bei Marschmusik ein vernünftiger Spielwechsel möglich. Auf die Tambourengruppe, welche gerne immer wieder vergessen wird und erst 1971 offiziell gegründet wurde, werde ich später nochmals ausführlich zurückkommen.

Das zweite wichtige Ereignis: Die erstmalige Teilnahme des MHS am Zürcher Sechseläuten 1968 als Spiel der Zunft zum Widder. Diese Ehre wird ihr mit dem heutigen Jahr somit zum dreissigsten Mal zuteil. Wie die HARMONIE dazu kam, liess sich anhand der Akten nicht mehr rekonstruieren. Sicher ist nur, dass dies nicht ohne gute Beziehungen und entsprechende Fürsprache von einflussreichen Leuten geschehen konnte. Das Sechseläuten ist noch immer ein zentraler und beliebter Anlass im Jahresprogramm des Vereins.

Von nun an ist die Vereinsgeschichte wieder dermassen gut dokumentiert, dass es mir schwer fällt, eine sinnvolle Auswahl aus all den verschiedenen Anlässen und Ereignissen zu treffen.

Die nach wie vor florierende wirtschaftliche Lage verhalf auch der HARMONIE zu gutem Gedeihen. Der damals stattfindende soziale Umbruch im Zuge der 68-er-Bewegung fand jedoch in den Akten keinen Niederschlag. Man darf dabei nicht vergessen, dass ein Dorfverein wie ihn die HARMONIE darstellte, ein Hort traditionellen bürgerlich-konservativen Denkens war, politische Neutralität hin oder her. Für neuartige Gedanken, Gesellschaftsveränderungen oder gar musikalische Trendbewegungen (Beatles, Rolling Stones, Jimmy Hendrix, Doors, Bob Dylon etc.) war sie mit Sicherheit nicht der richtige Rahmen, weder in Angebot noch in Nachfrage. Es sei mir erlaubt anzumerken, dass in der HARMONIE auch heute noch, trotz des relativ jungen Altersdurchschnitts, der allgemeine Grundtenor von einer eher traditionellen Denkart bestimmt wird. Die Avantgarde macht nun mal keine Blasmusik.

1971 war ein sehr betriebsames Jahr. So war nach einer eigens zu diesem Zweck durchgeführten Gala die zweite Neuuniformierung sowie die Anschaffung einer neuen Vereinsfahne möglich geworden. Am Freitag, 14. Mai wurden Uniform und Fahne im Salmensaal geweiht, und am darauffolgenden Sonntag beim Kantonalen Kreismusiktag Amt und Limmattal in Schlieren gleich das erste Mal allen gezeigt. Die neue Uniform wurde von der Firma Uebersax & Co. aus Zürich geliefert und bestand neuerdings aus zwei Vestons, einem marineblauen für Aussenanlässe und einem roten für Konzerte. Die 70 neuen Uniformen kosteten Fr. 45’000.--. Der Einzelpreis belief sich auf Fr. 647.--, inklusive den Vestons, einem Hemd und einem Regenmantel. Die Neuuniformierung wurde ermöglicht durch die Stadt Schlieren, welche Fr. 38’000.-- beitrug. Man darf nicht vergessen, dass ohne ihre jährliche Subventionen und gelegentlichen Extrazuschüsse ein Vereinsleben gar nicht möglich wäre, besonders nicht für einen dermassen kostenintensiven Verein, wie ihn die HARMONIE darstellt.

In den Genuss dieser neuen Uniform kamen auch die Tambouren, welche wie bereits erwähnt an der damaligen Generalversammlung offiziell ein Bestandteil der HARMONIE wurden. Als erster Tambouristruktor wurde Joseph Wertli gewählt.

Ebenfalls im Jahr 1971 nahm der Verein am Eidgenössischen Musikfest in Luzern teil. Am Wochenende vom 12. und 13. Juni verteidigte sie, wenn die Akteneintragungen wirklich stimmen, den ersten Rang in der ersten Klasse. Das Korps muss sich in diesen Jahren eindeutig im Zenit seines musikalischen Könnens befunden haben: Die HARMONIE gehörte damals zu den besten Erstklassvereinen der Schweiz. Dazu sei jedoch gesagt, dass diese Stellung und die Bewertung des Könnens natürlich immer in engem Zusammenhang mit dem zeitweiligen Musikverständnis und Geschmack steht...

Zwei Jahre später konnten die Mitglieder ein halbes Jahrhundert HARMONIE feiern. Um dieses Jubiläum würdig zu begehen, wurde ein eigentliches Festwochenende vom 25. bis 27. Mai 1973 veranstaltet. Den Auftakt dazu machte ein Galaabend mit dem bekannten Radiomoderator Ueli Beck als Conférencier. Speziell für diesen Anlass wurden aus dem MHS einerseits eine Big Band, andererseits wieder eine „Buuremusig" formiert, wobei letztere bis heute noch besteht. Der Samstagabend stand ganz im Zeichen eines grossen Unterhaltungskonzerts der HARMONIE und ihres Gastvereins, der Stadt und Feuerwehrmusik Herbolzheim aus Deutschland. Am Sonntag ging es dann noch nach Birmensdorf an den Amt und Limmattaler Kreismusiktag, bei dem die HARMONIE mit einem Medley aus der berühmten „WestSideStory" von Leonard Bernstein einen beachtlichen Erfolg erzielte.

1973 steht noch für ein weiteres wichtiges Ereignis: Die Gründung der Gönnervereinigung des Musikvereins HARMONIE Schlieren. Was als spontane Idee zwei Jahre zuvor begonnen hatte, wurde nun in die Tat umgesetzt. Es wurde ein eigener Verein gegründet mit dem Ziel, dem MHS grössere Anschaffungen wie vor allem Instrumente oder Uniformen zu ermöglichen. Im Laufe der Zeit erwies sich die Gönnervereinigung als eine sehr wertvolle und grosszügige Organisation, dank welcher die HARMONIE immer auf genügend Rückendeckung zählen konnte. Dadurch wurde der Verein nach aussen hin nicht nur finanziell unabhängiger, sondern konnte auch sein Beziehungsnetz ausbauen. Dieses ist für eine erfolgreiche Vereinstätigkeit ebenso wertvoll wie bare Münze. Von der kamen in den mittlerweile 25 Jahren seit Bestehen der Gönnervereinigung an ordentlichen Beiträgen über Fr. 150’000.-- zusammen, besondere Spenden und Zuwendungen der Mitglieder nicht eingerechnet.

Die Gründungsmitglieder waren laut dem Protokoll vom 27. Februar 1973:

Präsidentin:

Esther U. Geiger

Vizepräsident:

Hans Schweizer

Kassier:

Miro Vecellio

 

Arthur Bopp

 

Fritz Diggelmann

 

Edi Hagen

 

Fritz Miller

 

Willi Neuenschwander

 

 

Hansruedi Vetsch

 

HansRuedi Wespi

Am Sylvester 1973/74 fand offenbar ein wichtiges Telefongespräch zwischen zwei Mitgliedern der HARMONIE statt, denn dabei wurde die Idee einer weiteren Musikreise geboren. Das Reiseziel sollte das bis heute weitentfernteste bleiben: Moskau.

Nach sorgfältiger Vorbereitung war es am 13. Oktober soweit, 11.27 Uhr hoben 126 Mitglieder und Angehörige in einer Tupolev von ZürichKloten ab, um zwei Stunden und vierzig Minuten später in Moskau-Sheremetyevo zu landen.

Untergebracht war die Reisegruppen in dem 6000 Betten umfassenden Hotel Rossia. Sie sollten in den nächsten Tagen Zeuge noch weiterer sowjetrussischer Errungenschaften werden, welche sich hauptsächlich durch übertriebene Dimensionen manifestierten. Die Harmonisten nahmen es mit Humor und genossen den Aufenthalt in vollen Zügen mit russischen Spezialitäten wie Kaviar, viel Weisskohl (anscheinend war eben Ernte) und natürlich Wodka. Sie kamen übrigens keineswegs nur mit leeren Händen in das Reich Breschnews: Neben vielen Kaugummis für die Wachsoldaten hatten sie auch ihre Instrumente dabei und gaben unter anderem ein Ständchen im Theatersaal der Moskauer Milchfabrik sowie einem Nachtclub.

An der Generalversammlung vom 4. Dezember 1974 brach eine neue Ära in der HARMONIE an: Mit Renate Horlacher-Hauser wurde die erste Frau als vollwertiges Aktivmitglied definitiv in den Verein aufgenommen. Bereits Ruth Böhringer hatte Ende der 60erJahre einen Vorstoss gewagt, die fehlenden Protokolle verunmöglichen aber eine genaue Datierung. Auf jeden Fall war bis zu diesem Zeitpunkt die HARMONIE seit ihrem Bestehen ein reiner Männerverein, die Damen durften höchstens Passivmitglied werden. Erfreulicherweise liegt der Frauenanteil heute bei den Aktiven bei fast 40%.

Die nächste Zeit waren infolge der damaligen Rezession (Erdölschock) nicht besonders ereignisreich. Herausragend war einzig das Eidgenössische Musikfest vom 18. bis 20. Juni 1976 in Biel, als die HARMONIE den ersten Platz in der ersten Klasse belegte. Wie bereits erwähnt, hat sie dies anscheinend auch schon an den vorherigen beiden Musikfesten erreicht, was sich jedoch aufgrund der Aktenlage nicht belegen lässt.

Vom 19. bis 23. Oktober 1977 fand das erste Probewochenende im Ferienheim der Schule Schlieren in Parpan statt. Seit damals zog sich die HARMONIE immer wieder gerne in die Bündner Alpen zurück, um in Ruhe ihre Werke einzustudieren. Neben intensiver musikalischer Arbeit boten diese Weekends immer auch Gelegenheit, den Kontakt und Zusammenhalt unter den Mitgliedern und deren Angehörigen zu pflegen.

Ein Jahr später folgte ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des MHS: Zum ersten Mal wurde ein offizieller Tonträger hergestellt. Zum 10-jährigen Jubiläum als Spiel der Zunft zum Widder wurde am 20. und 24. Mai 1978 im Salmensaal die Schallplatte „Sechseläuten-Hits" aufgenommen, Produktionsfirma war die Sonographic AG aus Schlieren. Leider ist diese LP bisher die einzige geblieben, Live-Mitschnitte von Konzerten nicht eingerechnet. Es ist dabei zu sagen, dass qualitativ gute Aufnahmen und vor allem auch Abmischungen für ein Amateurorchester wie die HARMONIE sehr zeit und kostenintensiv sind. Ein neuer Tonträger, heutzutage vorzugsweise eine Compact-Disc, wäre zwar durchaus erstrebenswert, liegt jedoch in der nächsten Zukunft ausserhalb der finanziellen, zeitlichen und auch musikalischen Möglichkeiten des Korps.

An der Generalversammlung 1978 stellte Tambourinstruktor Joseph Wertli sein Amt zur Verfügung. Sein Nachfolger wurde Bruno Fader, der selbst schon seit 1970 bei der HARMONIE trommelte. Er konnte von seinem Vorgänger ein gut ausgebildetes und motiviertes Drum-Korps übernehmen und weiter ausbauen.

Eine alte Tradition der HARMONIE ging 1980 zu Ende. Zum bis jetzt letzten Mal hatte der Verein an der Schlierner Fastnacht teilgenommen. Seit den 20er-Jahren hatten die Mitglieder, wenn auch mit Unterbrüchen, immer wieder bei diesem Brauch mitgewirkt. Zahlreiche Unterlagen der jeweiligen Fastnachtskommitees zeugen von ihrem grossen organisatorischen Aufwand.

Die 80-er-Jahre hatten begonnen, die Erdölkrise und die daraus folgende Rezession waren endgültig überwunden. Ein erneuter Wirtschaftsboom wurde ausgelöst. Diese Tatsache spiegelte sich einmal mehr auch in den Vereinsaktivitäten der HARMONIE wieder. Der allgemeine Wohlstand führte zu vielen Engagements und somit zu einer gut gefüllten Vereinskasse.

So konnte bereits 1983 wieder eine neue Uniform angeschafft werden. Den Auftrag erhielt die Firma Schuler aus Rothenturm. Es wurden 57 Stück zu einem Einzelpreis von Fr. 1’040.-- bestellt. Zu den Gesamtkosten von über Fr. 60’000.-- steuerte die Stadt Schlieren in verdankenswerter Weise den grössten Anteil bei. Ein Novum war, dass zu dieser Uniform auch ein Gilet gehörte. Die Absicht war, dass man bei Hitze auch ohne Jackett noch „ordentlich aussah" und bei Kälte noch eine zusätzliche Isolationsschicht hatte. Diese sogenannt „rote Uniform" ist immer noch in Gebrauch und dient dem Verein als Strassen- und Aussenuniform. Das Gilet wurde jedoch leider mit der Zeit wieder abgeschafft. Eine weitere Folge der Konjunktur war die rege Reisetätigkeit des MHS.

Ein erster Höhepunkt war die Fahrt vom 6. und 7. Oktober 1984 via Chateau d’Oex und Montreux nach Lutry. Der bekannte Weinbauort lud natürlich sehr zum Degustieren ein und dies wurde dann auch intensiv gemacht.

1985 ging es zum ersten Mal an das traditionelle Schützenfest in Düsseldorf, der „grössten Kirmes am Rhein". Die Tage vom 12. bis zum 15. Juli werden sicher allen TeilnehmerInnen in guter Erinnerung bleiben. Das Programm war relativ locker, einige kurze Auftritte tagsüber, die Abende und vor allem Nächte zur freien Verfügung. Über Düsseldorf habe ich dermassen viel zu hören bekommen, dass mir schlicht der Platz fehlt, alles wiederzugeben. Im Übrigen kann ich einzelne Ereignisse auch nicht genau einordnen, denn die HARMONIE war auch in den Jahren 1988 und 1991 eingeladen.

Das Jahr 1986 hatte ein besonders dichtgedrängtes Programm, hier die vier bedeutendsten Anlässe:

16. 3.

Fernsehauftritt bei der „Gala für Stadt und Land".

7. 5.

Eidgenössisches Musikfest in Winterthur.

16.-17. 8.

Reise zum 100-Jahr-Jubiläum der Musikkapelle Volders.

29.-31. 8.

Teilnahme am Schlieren-Fest mit eigener Festwirtschaft.

Näher eingehen möchte ich auf Volders. Seit den frühen 70-er-Jahren pflegte die HARMONIE regen Kontakt zu der dortigen Musikkapelle, ausgedrückt mitunter durch einige gegenseitige Besuche. Dieser Kontakt ist über die Jahre leider etwas verlorengegangen und deshalb war die HARMONIE 1986 das bisher letzte Mal in Österreich. Hoffentlich wird dennoch wieder einmal eine Volders-Reise stattfinden, denn von allen Dabeigewesenen wird der Charme und die Atmosphäre dieser Anlässe sowie die Gastfreundlichkeit und die Fröhlichkeit der Tiroler gerühmt.

Die grösste Reise der 80-er-Jahre fand 1987 statt, Reiseziel war Finnland. Auf Initiative der „Vereinigung der Freunde Finnlands" und ihres Zentralpräsidenten Theo Landis war die stattliche Schar von 120 Personen vom 27. bis am 31. Mai unterwegs.

Die Höhepunkte dieser Reise kurz zusammengefasst: Konzert mit der Garnisonskapelle von Helsinki auf dem dortigen Senatsplatz, eine Schären-Rundfahrt, Finnenbuffet, Besuch im Glasmuseum von Ittala, Schlussabend mit der Garnisonskapelle Lahti und Besichtigung der Sprungschanze von Lahti.

1958 bis 1988 Dreissig Jahre Ehrenmusikdirektor Arthur Bopp. Dieses Jubiläum wurde von der HARMONIE natürlich gebührend gefeiert. Ein Galaabend vom 11. Juni und besonders ein Jubiläums-Blasmusiktreffen vom 18. und 19. Juni gaben den würdigen Rahmen. Befreundete Vereine aus nah und fern kamen zu diesem Anlass nach Schlieren.

Unvergessen bleibt auf jeden Fall die finnische Garnisonsmusik. Da in ihrem Heimatland der Alkohol sehr teuer ist, genossen die Finnen ihn hier in vollen Zügen. Dies hat sich jedoch in keiner Weise auf die Qualität ihrer Musik ausgewirkt, im Gegenteil. Ich habe noch nie ein so betrunkenes Orchester so gut spielen hören!

Eine Quasi-Neuuniformierung gab es bereits ein Jahr später. Die rote Strassenuniform wurde um einen grauen Konzertveston mit dunkelblauer Fliege erweitert. Dieser Veston ist leichter und für Innenanlässe besser geeignet. Da er jedoch als Smoking geschnitten ist, passten leider die bisherigen Hosen mit den silbergrauen Streifen nicht so ganz dazu. Frau Ursula Briner, Mitglied der Gönnervereinigung, entschloss sich deshalb 1991, der HARMONIE gleich richtige Smoking-Hosen, dunkelblau mit schwarzem Streifen, zu spendieren.

Seither verfügt die HARMONIE über insgesamt drei komplette Uniformen: Eine rote Strassenuniform, eine graue Konzertuniform sowie das Tenue der Zunft zum Widder. Der Nachteil dieser verschiedenen Tenues: Bei einigen Anlässen trugen nicht alle das Gleiche oder es wurden neue Kombinationen erfunden.

Für die Tambourengruppe war 1990 der absolute Zenit. Das Blasmusikkorps der HARMONIE war für eine Zeit nicht spielfähig, weil die „Buuremusig" auf einer Amerika-Tournee war. Deshalb sprangen die Tambouren für den Limmattaler Musiktag in Oberengstringen kurzerhand in die Bresche und legten unter der Leitung ihres damaligen Instruktors Walter Böhringer ein zweistündiges Konzert hin. Zwei Stunden nur mit Percussion zu füllen, ohne beim Publikum auf Ermüdungserscheinungen zu stossen, ist eine absolute Meisterleistung. Verbunden war die Darbietung mit allen möglichen Show-Einlagen.

An dieser Stelle muss ich doch noch näher auf die Tambourengruppe eingehen. Für viele Leute besteht die HARMONIE nur aus dem Blasmusikkorps. Dass sie aber auch über Tambouren verfügt, bemerken manche nur bei Marschmusikvorträgen oder nach der Pause am Jahreskonzert. Dass diese Tambouren aber, so wie das Korps, jeden Mittwoch proben, wissen die wenigsten. Und dass sie ihr Probelokal im Schulhaus Kalktarren haben, weiss so ziemlich niemand. Was dort geleistet wird, hat aber alle Beachtung verdient. Jedes Stück wird auswendig gelernt, ohne sich dabei an einer Melodie orientieren zu können. Im Frühling werden die Proben ins Gaswerk Schlieren verlegt, um dort Marschmusik zu üben. Die Tambouren können daher als einziges Register der HARMONIE in jeder Situation auch wirklich korrekt marschieren.

Das Eidgenössische Musikfest in Lugano, eine weitere Reise nach Düsseldorf und 700 Jahre Schweizerische Eidgenossenschaft bestimmten das Programm von 1991.

Beim Eidgenössischen Musikfest konnte die HARMONIE trotz der relativ grossen Anzahl von jungen Mitgliedern im Korps immer noch als bester Zürcher Verein in seiner Klasse vom Platz gehen, wenn es auch nicht mehr für einen solchen Spitzenrang wie in den 70-er-Jahren reichte. Bei strahlendem Wetter, der wunderbaren Atmosphäre Luganos und guter Stimmung untereinander beschäftigte das die MusikerInnen aber nicht weiter, die besuchten lieber die so zahlreichen gemütlichen Grotti.

Der Höhepunkt der 700-Jahr-Feierlichkeiten war am 3. August das grosse Volksfest in Brunnen. Im Zentrum stand der Umzug „Feste und Bräuche der Schweiz". Nun ist das Sechseläuten einer dieser Bräuche und die Zunft zum Widder wurde unter anderen ausgewählt, es zu vertreten. Und da diese Zunft immer ihr Spiel mitnimmt, konnte die HARMONIE an diesem wirklich einmaligen Anlass teilnehmen. Noch nie habe ich in der Schweiz eine so fantastische Stimmung erlebt, vor allem nicht beim Publikum am Strassenrand. Ebenso wird auch niemand das Feuerwerk über dem Urnersee und seiner Bergkulisse vergessen.

Nach 34 Amtsjahren entschloss sich Arthur Bopp, zum Bedauern aller, den Taktstock niederzulegen. Dabei ging wahrlich eine Ära zu Ende, hatte er doch die HARMONIE geprägt wie kein zweiter. Mit seiner zeitweise sehr straffen Führung hatte er das Korps musikalisch geformt, als Persönlichkeit und Mann von Welt ihm auch gesellschaftlich zu einem besonderen Stellenwert verholfen. Die HARMONIE und er waren praktisch identisch. Mit der Zeit kannte er seine MusikerInnen und sie ihn. Als „Onkel Thuri" ging er in die Vereinsgeschichte ein, zunächst als energische und fordernde Führungspersönlichkeit, dann aber immer mehr als gütige und grosszügige Vaterfigur. Seine Verbundenheit dem Verein gegenüber ging so weit, dass er ab 1989 auf sein Jahreshonorar verzichtete und dieses Geld lieber für die musikalische Ausbildung der MusikerInnen zur Verfügung stellte.

Um den Abschied von Arthur Bopp entsprechend zu begehen, veranstaltete die HARMONIE ihm zu Ehren vom 20. bis 22. November 1992 ein eigentliches Festwochenende. Der Freitagabend wurde als eine Gala gestaltet, bei dem es für ein Mal keine Bankett, sondern Ballbestuhlung gab. Die Tische waren deshalb nicht in langen Reihen, sondern in kleinen Gruppen aufgestellt und weiss gedeckt. Anschliessend an das Konzert gab es ein Dinner, begleitet von den obligaten Festansprachen. Geladen waren Delegationen der Stadt Schlieren, der Gönnervereinigung, befreundeten Vereinen sowie persönliche Freunde von Herrn Bopp. Am Samstag war wie immer das Jahreskonzert, wobei das gemütliche Beisammensein danach fast kein Ende nehmen wollte. Das Familien und Seniorenkonzert vom Sonntag rundete die Festivitäten ab. Da die HARMONIE das Programm mittlerweile zum dritten Mal aufführte, war die musikalische Qualität, trotz einer Beinahe-Freinacht, einzigartig.

Mit diesem Auftritt beendete Ehrenmusikdirektor Arthur Bopp seine Tätigkeit als Dirigent des Musikvereins HARMONIE Schlieren.